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2002
Symposium 2003

aus: Psychologische Medizin, 12. Jg. 2001, Nr. 1

Cuba 3 rd International Congress of Health Psychology - PSICOSALUD 2000

27.11.2000 - 1.12.2000

Nach 9 Stunden Flug und einer Zeit langer Vorfreude und Vorbereitung auf den 3 rd International Congress of Health Psychology musste ich am Tage meiner Ankunft erfahren, dass der tatsächliche Beginn des größten Lateinamerikanischen Psychologenkongresses tatsächlich erst zwei Tage verspätet am 29.11. War. Weiters war nur durch Zufall eruierbar, dass am Vortag ein Empfang für ausländische Zuhörer und Vortragende veranstaltet wurde. Dies ermöglichte auf für einen Europäer ungewohnt unkomplizierte und herzliche Art und Weise Kontakt mit südamerikanischen, europäischen und amerikanischen Kollegen herzustellen. Um den Kontakt mir „nur" spanischsprechenden Kollegen sicherzustellen, wurden uns seitens der Kongressleitung zwei perfekt Englisch-Spanisch sprechende Dolmetscher zur Verfügung gestellt. Mit uns ist eine internationale Gruppe (15 Personen) aus englischen, amerikanischen, deutschen un einem einzigen österreichischen Psychologen/innen gemeint.

Nach zweitägigem Einleben in kubanische Zeitverhältnisse begann der Kongress mit fast erwarteter 1-stündiger Verspätung. Vor rund 700 Teilnehmer/innen wurden flammende Eröffnungsreden zur gesundheitspolitischen Situation gehalten und auf die Wichtigkeit der psychologischen Versorgung der Bevölkerung hingewiesen. Ebenso wurde die Internationalität betont mit der Bitte an die kubanischen Psychologen, sowohl von ausländischen Vortragenden zu lernen, wie auch ausländische Zuhörern wissenschaftsaktuelle lateinamerikanisch-spezifische Themen nahe zu bringen. Der drei Tage dauernde Kongress mit mehr als 360 (parallel stattfindenden) Vorträgen und Workshops braucht den inhaltlichen Vergleich mit westlichen Tagungen nicht zu scheuen. Hier und da merkte man allerdings sehr deutlich, dass auf die technischen Gegebenheiten nicht 100% Verlass ist und daher sei jedem potenziell zukünftigen Vortragenden empfohlen, sich auf alle Eventualitäten (Overhead, Dias und Computerpräsentationen) einzustellen. Themen wie Suchterkrankungen/Abhängigkeiten, primäre und sekundäre psychologische Betreuung in lateinamerikanischen Krankenhäusern, chronische Erkrankungen (z.B. koronare Herzerkrankung), Familie, forensische Psychologie, Psychologie der Sexualität, Hypnose, Neuropsychologie, Psychoanalyse, Psychoballet (körperorientierte . Psychotherapie), Gesundheitspsychologie, Entwicklungspsychologie, Arbeits- und Organisationspsychologie, Gewalt, HIV-Erkrankungen und ihre psychischen Auswirkungen wurden unter anderem intensiv abgehandelt.

Es ist unmöglich, einen repräsentativen Querschnitt der vorgetragenen Themen zu präsentieren, dennoch sollen einige wenige herausgegriffen werden. Ein Beitrag bezog sich z.B. auf eine psychotherapeutische Einrichtung zur Behandlung von Alkoholkranken (Woodward, G. London, UK). Es wurden die Einrichtung mit ihrer Tagesstruktur und ihren Rahmenbedingungen vorgestellt, sowie konkrete Beispiele aus der Gruppenarbeit( Psychodrama) geliefert, die aufzeigten, wie Alkoholkranke nach ihrem körperlichen Entzug therapeutisch im ambulanten Setting gestützt werden können. Ein brasilianischer Beitrag widmete sich dem Thema „Psychological attendance to patients with cleft lip and palatera". Dabei wurde ein Modell zur Betreuung von Patienten und deren Angehörigen aus dem Krankenhaus Brigadeiro, Sao Paulo vorgestellt. Einen weiteren spannenden Beitrag lieferte Prof. Lipsitt, L. (USA) über „origins of pleasure and annoyance in humans: some lessons from infants." In einem einstündigen fesselnden Referat begeisterte Prof. Lipsitt seine Zuhörer mit seinen Forschungsarbeiten. Kinder, die er vor 40 Jahren kennengelernt hat, werden immer noch nachuntersucht. So berichtete Prof. Lipsitt, dass er beobachten konnte, das ein Teil des Sozialverhaltens im Saugverhalten des Babys abbildbar ist. Der österreichische Beitrag ging auf die Veränderungsmodalität von Lebensqualität bei koronarer Herzerkrankung unter unterschiedlichen Behandlungsstrategien ein (Höfer, Innsbruck). Ein kubanischer Vortrag (Remirez de Estenoz Barciela, Cuba) beschäftigte sich mit den aktuellen epidemiologischen Zahlen der Myokardinfarktpatienten in Havanna. So beforschen die kubanischen psychokardiologischen Kollegen die Tatsache, dass im Gegensatz zu westlichen Ländern die Patientenpopulation der Myokardinfarktpatienten sich mehr als zur Hälfte aus Frauen zusammensetzt.. Weiters wurde ein Beitrag über psychologische Aspekte in der kardialen Rehabilitation erörtert (Edelsys Hernandez Melendez, Cuba). Auch hochtechnischen und tagesaktuelle Themen wie Psychologie und Internet wurden behandelt (Parisi, Italia).

In Ermangelung ausreichender Spanisch-Kenntnisse mussten wir internationalen Teilnehmer uns immer wieder mit den zwei Dolmetschern darauf einigen, welche Vorträge wir übersetzt bekommen möchten, sowie Rücksicht darauf nehmen welche Vorträge aus dem Englischen ins Spanische zu übersetzten waren. Dennoch war es uns möglich, eine Idee der Fülle und Vielfalt der Beschäftigungsfelder unserer lateinamerikanischen Kollegen zu erhalten.

(Abb. 1: Verwaltungsgebäude der Psychiatrie Havanna)

Zum Abschluss des Kongresses PSICOSALUD 2000 stand wiederum nur für ausländische Teilnehmer/innen ein Besuch des psychiatrischen Krankenhauses auf dem Programm (Abb. 1). Ursprünglich ein militärisches Internierungslager, wurde es nach der Revolution 1959 offiziell in die Psychiatrie umgewandelt. Auf knapp 200.000 m befinden sich 4100 Betten, die beinahe permanent belegt sind (Abb. 2). Die Psychiatrie wird beinahe durchgehend als offene psychiatrische Einrichtung geführt, mit Anteilen einer tagespsychiatrischen Ambulanz. Dies bedeutet für einen Teil der Patienten die Möglichkeit, einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, den Sozialkontakt zur Auenwelt zu erhalten, sowie etwas Geld zu verdienen.

Schlafsaal für 30 Patienten

(Abb. 2: Schlafsaal für 30 Patienten)

Patienten, denen dies aufgrund ihres Gesundheitszustandes nicht möglich ist, werden nach Prinzipien der „Occupational Therapy" betreut. So teilte uns der leitende Arzt mit, dass es den Patienten freigestellt sei, bei ihrer Aufnahme zu entscheiden, welcher Gruppe (Sport, Handarbeiten, handwerkliche Tätigkeit, landwirtschaftliche Tätigkeiten, künstlerische Tätigkeiten) sie beiwohnen möchten. Weiters erhalten alle Patienten bei ihrer Aufnahme ein „Kücken", um welches sie sich kümmern müssen. In der Führung durch die Psychiatrie waren Demonstration der Tätigkeit dieser Gruppen inbegriffen. Den Abschluss bildete eine „künstlerische Gruppe" die sich aus ambulantbetreuten Patienten zusammen setzte. Eine einstündige musikalische Darbietung, beginnend bei kubanischem Salsa bis zum lateinisch geträllertem Ave Maria, sollte uns zum Schluss vom Erfolg der kubanischen Psychiatrie überzeugen.

Occupational Therapy - Sport-Gruppe

(Abb. 3 Occupational Therapie - Sport-Gruppe)

Der Kongress kann empfohlen werden zum Kennenlernen lateinamerikanischer Kollegen und ihrer Tätigkeitsbereiche. So ist derzeit eine Kooperationsarbeit mit dem Instituto Nacional de Cardiología y Cirugía Cardivascular, La Habana, Cuba und der Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie in Innsbruck im Entstehen. Vielmehr jedoch möchte ich meine Kollegen ermuntern, am nächsten 4th International Congress of Health Psychology in vier Jahren wissenschaftliche Daten, praktische Konzepte und Erfahrungen vorzustellen. Dies ist sowohl für Teilnehmer/innen wie für Vortragende eine wertvolle Lernerfahrung und dient zudem dem interkulturellen wisschenschaftlichen Austausch.

Univ. Ass. Mag. Stefan Höfer
Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie, Sonnenburgstr. 9, A-6020 Innsbruck


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